Lachgas-Lehrbuch online

Pharmakologie:
Aufnahme - Ausscheidung
Wirkprofil - Wirkmechanismus


Aufnahme / Ausscheidung

Die Aufnahme von Lachgas erfolgt über die Lungen in den Blutstrom, über den es im gesamten Körper verteilt und so auch in seinem Zielorgan, dem Gehirn aus dem Blut in dieses diffundiert und seine Wirkung entfaltet.

Die Abgabe von Lachgas geschieht ausschließlich durch Rückdiffusion ins Blut und Elimination durch Abatmen über die Lungen. Lachgas wird nicht im Körper metabolisiert, was bedeutet, dass seine Wirkung z.B. bei Einschränkungen von Leber- oder Nierenfunktion nicht verlängert ist.

Daraus ergibt ich, dass die Geschwindigkeit des An- und auch Abflutens von Lachgas im Wesentlichen von folgenden Faktoren beeinflusst wird:

  • Atmung (je tiefer und schneller die Atmung, desto schneller An- und Abfluten)
  • Lungenerkrankungen (Behinderung des Übertritts von Lachgas von den Lungenbläschen in den Blutstrom z.B. bei Lungengerüsterkrankungen möglich)
  • Herzfunktion (bei eingeschränkter Herzfunktion langsameres An- und Abfluten)

Darüber hinaus ist grundsätzlich die Geschwindigkeit von An- und Abfluten eines inhalierten Gases und damit sein Wirkungseintritt und seine Wirkdauer (Abfluten nach Beenden der Zufuhr) wesentlich abhängig von dem sogenannten Blut-Gas-Verteilungskoeffizienten. Dabei gilt: je niedriger der Blut-Gas-Verteilungskoeffizient eines Gases, desto schneller geschieht dessen An- und Abfluten [Becker 2008].

Folgende Tabelle zeigt den Blut-Gas-Verteilungskoeffizienten von Lachgas und den heute klinisch gebräuchlichen Narkosegasen.

 

Gas
Blut-Gas-
Verteilungskoeffizient
MAC
(Vol.%)
Lachgas
0,47
104
Isofluran
1,4
1,2
Sevofluran
0,65
2,0
Desfluran
0,42
6,0

 

Entsprechend kommt es bei Einatmen einer bestimmten Konzentration Lachgas zu einem sehr schnellen Konzentrationsausgleich mit dem Körper, und insbesondere mit dem Gehirn als wesentliches Zielorgan. Nebenstehnde Abbildung zeigt, dass bereits nach 10 Minuten 90% der inhalierten Lachgas-Konzentration im Gewebe erreicht wird.

Mit 0,47 besitzt Lachgas einen im Vergleich zu den anderen Inhalationsanästhetika sehr niedrigen Blut-Gas-Verteilungskoeffizient, wodurch sich letztlich die sehr gute Steuerbarkeit (schnelles Anfluten & schnelles Abfluten) während Narkose oder Sedierung begründet.

 


Wirkprofil

Bereits bei niedrigen Konzentrationen zwischen 5 und 30% kann bei Probanden eine Wirkung von Lachgas im Sinne einer Entspannung und Beruhigung ("Anxiolyse") beobachtet werden. Mit steigender Dosis tritt eine zunehmende Schläfrigkeit ("Sedierung") und ab ca. 40% auch eine verminderte Schmerzempfindlichkeit ("Analgesie") hinzu. Bei Konzenrationen von mehr als 50% Lachgas in der Einatemluft tritt Schläfrigkeit bis - möglicherweise - Bewusstlosigkeit ein.

Eine vollständige Ausschaltung des Bewusstseins und der Schmerzempfindung, so dass chirurgische Operationen durchgeführt werden können (also eine Narkose) ist mit Lachgas allein nicht durchführbar. Deshalb wird Lachgas in der Anästhesie immer mit anderen Anästhetika/Analgetika kombiniert.

Lachgas-Wirkprofil - Konzept


Dosis-Wirkungs-Profil von Lachgas - Konzept

  • Hintergrund: "MAC-Wert"
  • In der Pharmakologie wird die Dosis, bei der 50% einer Gruppe von Probanden den gewünschten Effekt zeigen als sogenannte ED50 bezeichnet.

    Für Inhalationsanästhetika wurde dieses Konzept übertragen als sogenannter MAC-Wert (MAC = minimale alveoläre Konzentration). Dieser bezeichnet die Konzentration eines Inhalationsanästhetikums, bei der 50% aller Probanden auf einen Hautschnitt nicht mehr mit einer Wachheitsreaktion, also mit einem Anstieg von Puls- und/oder Blutdruck oder einer Abwehrbewegung, reagieren.

    Der MAC-Wert für Lachgas liegt bei 104%.

    Damit wird klar, warum unter normobaren Bedingungen und unter Einhaltung einer Mindestkonzentration von 21% Sauerstoff, also bei einer maximal möglichen Lachgas-Konzentration von 79%, mit Lachgas allein kein Zustand äquivalent einer Narkose zuverlässig erreichbar ist.

 


Wirkmechanismus

Auf molekularer Ebene beruht die Wirkung von Lachgas in erster Linie auf einer non-kompetetiven Hemmung des sogenennten NMDA-Subtypes von Glutamat-Rezeptoren und damit einer Hemmung exzitatorischer Neurone im Gehirn (NMDA-Anatagonist). Zusätzlich wurde die analgetische Wirkung auf eine Aktivierung von Opiat-Rezeptoren zurückgeführt. Eine weiterführende Übersicht hierzu findet sich bei Sanders et al. [Sanders 2008].

 

letzte Aktualisierung: 01.11.2014
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